Sommer 2022, Elisabeth Poppe

Stockholm –die Stadt die es mir schon sehr lange wirklich angetan hat. Und dann eine Zusage, um einen Teil des Business Process Managements mit zu gestalten. Mehr geht nicht. Besser treffen konnte es mich gar nicht. In den Wochen davor stieg die Aufregung schon etwas. Was kann ich als Azubi denn im Management des Konzerns für eine Rolle spielen? Beziehungsweise was genau wird mich erwarten? Dass ich im Team für Nachhaltigkeit eingesetzt werden würde, hat mich sehr gefreut –aber Nachhaltigkeit an sich ist ein dehnbarer Begriff.

Als ich am ersten Morgen im Büro stand, musste ich in der Tat erstmal schlucken. Zunächst wurde ich von einem meiner neuen Kollegen herumgeführt und wirklich jedem, den wir trafen, vorgestellt. Das mündete dann darin, dass ich innerhalb der ersten Stunde mit dem CEO von DHL Freight Schweden Kaffee trank. Ich glaube was ein Azubi genau ist, war ihm nicht ganz klar, aber es war wirklich schön, dass er sehr interessiert war. Kaffeepausen werden in Schweden übrigens sehr ernst genommen. Mit täglich einer Tasse liegt man hier deutlich unter dem Durchschnitt. Umso besser, dass der Kaffee for free ist.       

Meine Vorgesetzte wies mich dann in meinen Aufgabenbereich ein. Ich sollte eine Infrastruktur für erneuerbare Kraftstoffe in Skandinavien und Westeuropa erstellen, um anhand dieser grüne Linien im hausinternen Netzwerk zu integrieren. OK –klar soweit. Allerdings hatte ich mich zuvor noch nie mit Kraftstoffalternativen auseinandergesetzt –nicht hilfreich. Wie soll denn sowas überhaupt eigentlich aussehen? Wie weit soll ich ins Detail gehen? Und über die Standartrouten in Schweden, die ich aus Hamburg kannte, wusste ich auch gar nichts. „Das kann ja haarig werden –wurde meine Bewerbung verwechselt?“, dachte ich. Allerdings es hat mich nur ein paar Tage gekostet die Alternativen zu fossilen Diesel kennen zu lernen, einzuordnen und mir ein genaueres Bild zu machen. Doch was jetzt? Cool, ich weiß jetzt, dass es Gas-LKWs mit verschiedenen Leistungsperformances gibt. Und weiter? Also habe ich angefangen für jeden erneuerbaren Kraftstoff die Vor- und Nachteile und die Zukunftschancen herauszuarbeiten um zumindest irgendwie anzufangen. Und jetzt? Dann habe ich plötzlich lauter Meetings, von meiner Vorgesetzten, in meinen Kalender bekommen. Production Manager Norway, Purchasing & Equipment Manager International, Head of Central Europe/Baltics/CIS, Senior Expert Project Management & GoGreen um nur ein paar zu nennen. Also… erstmal googlen was die eigentlich so machen. Als mir das Größenausmaß meiner Recherche dabei dann vollends klar wurde, war ich erfreut und geschockt zugleich. Praktischerweise waren die alle wirklich nett, deutlich nahbarer als erwartet. Die Schweden machen sich allgemein wenig aus Hierachien, man nennt sich grundsätzlich beim Vornamen –das könnte Deutschland auch mal einführen. Nachdem ich mir feinsäuberlich alles notiert hatte, was in den Meetings besprochen wurde, hatte ich Blut geleckt –ich wollte die mir gebotene Chance bestmöglich nutzen und zeigen, dass auch Azubis etwas ausrichten können. Also wusste ich nach der ersten Woche was der aktuelle Stand der Dinge ist und ich hatte endlich meine liebste to-do-Liste, an der ich mich orientieren konnte.

Auch der regelmäßige Austausch mit meiner Vorgesetzen half mir, dem Projekt Gestalt zu geben. Nach zwei Wochen waren endlich (meiner Meinung nach) brauchbare Informationen zusammengetragen, immerhin wollte ich, dass meine Präsentation genau so professionell wird wie die meiner Vorgesetzen aus Bonn, die ich irgendwo mal gesehen habe oder die auf einem der vielen Laufwerke gespeichert ist. „Auf Tabellen fahren ja alle ab, wie wäre es also eine Tabelle zu erstellen, in der ich alle erneuerbaren Kraftstoffe die für unseren Fernverkehr in Frage kämen vergleiche?“, habe ich mir gedacht. Also erstellte ich eine Aufstellung, die den Produktionsenergieverbrauch mit Kilometer-Performance, Well-to-Wheel-Performance und CO2-Ausstoß pro Kilo/Liter zeigt. Weiterführend bekam ich dann einige mögliche Routen von den Managern vorgeschlagen, die sich für die Recherche eignen würden. Diese sind tägliche, zirkulierende Routen, so dass sich eine Investition in ein neues Fahrzeug definitiv lohnen würde. Also pro Route eine Aufstellung über die Tankmöglichkeiten und Kosten, sowie eine Recherche basierend auf der Herkunft der Fuhrunternehmer für Subventionen im jeweiligen Heimatland. Außerdem bin ich mit den Anbietern für die Kraftstoffe in Kontakt getreten. Das hat dann wirklich Spaß gemacht, da mir viel Raum für eigenständiges Arbeiten gegeben wurde und man mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand und viel Vertrauen entgegen brachte.

Der Sommer weckt bei den Schweden die typische Fröhlichkeit die man aus der Ikea-Werbung kennt. Sommerfeste im Büro mit den Kollegen, after-work drinks und gemeinsame Kaffeepause –am liebsten alles draußen in der Sonne. Einige meiner Freunde aus meiner Au-Pair Zeit leben noch in Stockholm, mit ihnen habe ich mich in meiner Freizeit getroffen. Habe Konzerte und Restaurants besucht oder bin shoppen gegangen. Wenn man noch keine einheimischen Kontakte hat, bieten sich internationale Bars an, da trifft man eigentlich immer Leute, die auch nach sozialen Anschluss suchen.

Das Erasmus Plus Programm würde ich jedem wirklich ans Herz legen, da man stets einen Ansprechpartner im Heimatland hat -die einen bei allen Schwierigkeiten zur Seite stehen, die Anmeldung für das Programm deutlich leichter ist als jedes Dokument einer Behörde, man am Ende ein offizielles Dokument über den Aufenthalt erhält und natürlich auch die Finanzspritze den Aufenthalt als Azubi finanziell möglich macht. Ich bin in meinem Praktikum mehrmals über mich hinausgewachsen und konnte dann stets mit Stolz auf meine eigene Leistung zurückblicken.