Erfahrungsbericht von Claudia Geiger (Auszubildnende bei Kühne + Nagel)
Schon als unsere Ausbildungsleiterin bei den Einführungstagen der Ausbildung erwähnt hat, dass man bei Kühne und Nagel die Möglichkeit hat ins Ausland zu gehen, war mir klar, dass ich mich bewerben will.
Ich bin schon immer gerne weltweit unterwegs gewesen. Es macht mir viel Spaß neue Länder und Leute kennenzulernen und ich finde es ist gerade in der Ausbildung eine tolle Möglichkeit, die zahlreichen Facetten des Jobs kennenzulernen.
Finanziert wird das Praktikum durch ein Stipendium des Mobilitätsprogramms von Erasmus und meinem Ausbildungsbetrieb Kühne + Nagel. Die Planung obliegt einem selbst und somit hat man die Verantwortung sich um einiges zu kümmern: den ersten Kontakt mit der Niederlassung im Ausland, die Buchung einer Unterkunft, das Absprechen eines Zeitraumes, etc..
Bevor es losgeht nimmt man erst einmal am interkulturellen Vorbereitungsseminar in Hamburg teil. Hier wird man nochmals richtig gut für die Zeit im Ausland vorbereitet. Fragen wie “Worauf sollte ich achten?” oder auch “Wie gehe ich mit kulturellen Unterschieden um?” wurden hier gemeinsam besprochen. Nach diesem Seminar und nachdem ich mich selbstständig bereits um alle weiteren Formalitäten gekümmert hatte, ging das Abenteuer los.
Und so hieß am 03.03.2018 “Ready for boarding to Glasgow”!
Die Ankunft in Schottland werde ich sicher nie vergessen. Es war eine Woche, in der einige Länder im Schnee versanken. Auch in meiner Heimat Ulm hatten wir am Abflugtag sehr viel Schnee. Doch während wir auf der schwäbischen Alb damit klar kommen, stand Schottland still. Ich wurde bereits vorgewarnt: das Büro hatte seit dienstags geschlossen und somit war montags Chaos angesagt. Doch schon am Samstag wurde mir das Ausmaß bewusst. In den Supermärkten fehlte es an sämtlichen Lebensmitteln, die Straßen waren teilweise nicht befahrbar, da es nicht ausreichend Winterdienste gab. Was mich dann wohl am Montag im Büro erwarten würde?
Fünf Buchstaben beschreiben es wohl sehr gut: C-H-A-O-S. Nachdem hier vier Tage nicht gearbeitet wurde, musste natürlich alles aufgeholt werden. Somit herrschte richtig Trubel als ich ins Büro kam und alle hatten sehr viel zu tun. Und dennoch: ich wurde sehr herzlich von allen begrüßt. Alle nahmen sich Zeit sich vorzustellen und die einzelnen Abteilungen zu zeigen. Als ich dann meine Gastgeschenke ausgepackt habe – ganz viele Süßigkeiten aus Deutschland- waren alle begeistert. Nervennahrung kam zum richtigen Zeitpunkt!
Geplant war, dass ich sowohl im Bereich Sales/Pricing, als auch in der Seefracht eingesetzt werde. Da es hier auch eine Seefracht Import Abteilung gibt und wir das in der Niederlassung in Ulm nicht haben, äußerte ich auch den Wunsch, das auch mal anschauen zu dürfen.
Jeans nur am Casual Friday
Was ich wirklich jedem raten kann: sich vorab mit den Begebenheiten vor Ort auseinander zu setzen. So sind hier in der Niederlassung Jeanshosen strengstens verboten. Nur am Freitag, dem “Casual Friday”, darf man in Jeans und Pulli/T-Shirt kommen. Ansonsten im Business Style. Auch fängt man hier erst um 9 Uhr morgens an-dafür wird bis 17:30 Uhr gearbeitet. Um das herauszufinden macht es absolute Sinn sich frühzeitig bei der verantwortlichen Person vor Ort zu melden und entsprechende Infos einzuholen.
Nach der ersten Woche in der ich den Kollegen viel über die Schultern schauen durfte, ging es dann in der zweiten Woche richtig los: ich durfte im Sales und Pricing mitarbeiten.
Doch so manche Begebenheiten möchte ich auch nicht vorenthalten. So saß ich bereits an meinem zweiten Tag abends an meinem Platz und Punkt 17:30 Uhr ließen alle ihre Stifte fallen und sind gegangen. Und ich? Da ich mit meiner Aufgabe noch nicht fertig war, habe ich diese natürlich wie gewohnt erst einmal fertig gestellt. Am kommenden Tag wurde ich dann darauf angesprochen. Hier wird wirklich pünktlich Schluss gemacht. Halbfertige Aufgaben? Kein Problem, einfach am kommenden Morgen weitermachen! Das musste ich mir wirklich erst einmal angewöhnen.
Marcus oder Mr. Bennett?
Spannend war es auch zu sehen, dass die Hierarchien hier ganz anders sind. Ich denke, dass “you” anstatt “Sie” oder “Du” macht da schon den ersten Unterschied. Damit fehlt schon eine gewisse Distanz. Aber auch generell fiel mir auf, dass die Hierarchien hier viel flacher sind. Auch die Chefin wird mit dem Vornamen angesprochen. Als ich am Tag des Besuches des National Manager auf ihn gewartet habe um ihn zu empfangen, habe ich noch überlegt wie ich ihn am besten begrüße. Allerdings kam er dann auf mich zu mit den Worten “Hi, I`m Marcus.”. Huch? So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Und nun? Nenne ich ihn auch Marcus? Oder doch Mr. Bennett? Zum Glück kamen nach und nach Kollegen die ihn auch alle mit Marcus ansprachen und eine Kollegin meinte zu mir, dass ich das auch gern so machen dürfte. Warum auch nicht? Tja…wieder was gelernt!
Immer nachfragen!
Alles in allem wurde mir sehr viel Verantwortung übertragen und das, obwohl sie mich kaum kannten. Anfangs war mir manchmal auch etwas mulmig, immerhin wusste ich ja nicht genau wie alles zu sein hat. Aber da hilft nur eines: fragen! Es bietet sich wirklich an bei Aufgaben nochmals detailliert zu fragen wie es genau gemacht werden soll. Ich sage nur “Andere Länder, andere Sitten”. Allein Meetings werden hier ganz anders vorbereitet als in meiner Niederlassung in Deutschland. Das konnte ich aber immer nur herausfinden, wenn ich nachgefragt habe. Das haben mir meine Kollegen auch nie übelgenommen. Im Gegenteil: sie waren froh, dass ich es dann genau nach Ihren Wünschen machen konnte.
Zumal bietet es sich auch daher an, da wir für den Europass auch detailliert schreiben sollen welche Aufgaben wir erledigt haben. Somit hat man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und kann das dann auch gleich entsprechend im Europass vermerken.
Ostereier mit 500 Gramm Schokolade
Interessant fand ich es auch über Ostern in Schottland gewesen zu sein. Somit habe ich einmal erlebt, wie das hier gefeiert wird. Osterhasen? Fehlanzeige! Hier gibt es Schokoeier. Aber nicht die Kleinen die wir kennen…nein, ein Ei hat dann locker mal bis zu 500g Schokolade!
Natürlich lohnt sich auch eine gewisse Vorbereitung der Wochenenden. Da ich gerne in der Natur unterwegs bin habe ich mir vorab schon Ideen für Touren am Wochenende eingeholt. So kann man von Glasgow aus beispielsweise recht günstig und dennoch sehr zuverlässig in die Highlands fahren. Busunternehmen bieten hier verschiedene Touren an bei denen man sehr viel sieht. Vor allem wenn man wie ich kein Auto vor Ort hat bietet sich das wirklich an.
Zudem lohnt es sich absolut einen Ausflug nach Edinburgh zu machen. Nicht umsonst wird Edinburgh eine der schönsten Städte Schottlands genannt!
Wer geschichtlich interessiert ist sollte den People`s Palace in Glasgow nicht verpassen. Hier erfährt man viel über die Geschichte Glasgows. Zumal der People`s Palace direkt in einem Park innerhalb Glasgows liegt, am Fluss Clyde. Somit entkommt man hier auch dem Trubel der Stadt.
Die beste Zeit meines bisherigen Lebens
Alles in allem kann ich wirklich sagen, dass das bisher die beste Zeit meines Lebens war! Ich würde es immer wieder machen und finde, dass die sechs Wochen viel zu schnell vorüber gingen. Anfangs fühlen sich sechs Wochen sicher lang an. So ging es mir auch. Aber sobald man sich mal eingelebt hat vergeht die Zeit wie im Flug. Mein Team hat mir damit sicher auch geholfen, da sie total nett waren und sich immer Zeit für mich genommen haben. Ich war eine von Ihnen. Das aber sicher auch deswegen, weil ich mich darauf eingelassen habe. Und das ist sicher eines der wichtigsten Dinge, die man bei diesem Programm lernen kann: sich an andere Kulturen anzupassen, sich einzubringen, die Fremdsprache zu nutzen und zu vertiefen und sich somit eine Basis zu schaffen europaweit arbeiten zu können. Meine Auslandserfahrung hat mir somit bestätigt, dass ich es mir durchaus einmal vorstellen kann außerhalb Deutschlands zu arbeiten.
Hiermit auch nochmals ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, allen voran natürlich Arbeit und Leben für die finanzielle Unterstützung und meinen Betrieb Kühne und Nagel für die Möglichkeit des Auslandseinsatzes. Diese Zeit werde ich sicher nicht mehr vergessen und ich habe sowohl fachlich als auch persönlich sehr viel mitgenommen!
Claudia Geiger